- Die meisten chemischen Elemente verwandeln sich bei niedrigen Temperaturen in Supraleiter
- Die Supraleitfähigkeit ermöglicht, dass elektrischer Strom geleitet wird, ohne dabei Energie oder Widerstand zu verlieren
- Schwebende Züge, hochpräzise Magnetenzephalogramme sowie sehr kleine und leichte Motoren, Generatoren und Transformatoren gehören zu den Anwendungsgebieten der Supraleiter

Vom CERN entwickelte Supraleiter zum Transport von über 20.000 Ampere starkem Strom
Etwas Geschichte zur Orientierung
Anfang des 20. Jahrhunderts untersuchten der holländische Physiker H. Kamerlingh Onnes und sein Forscherteam die Eigenschaften der Materie bei sehr niedrigen Temperaturen, zwischen -271 °C und -259 °C. Im Jahr 1911 beobachteten sie, dass der elektrische Widerstand von Quecksilber bei weniger als 4,2 K (-269 ° C) nach Null tendiert (d.h. sich auflöst). Damit entdeckten sie die Supraleitfähigkeit. Für ihre Entdeckungen erhielten sie 1913 den Nobelpreis für Physik.
Supraleitfähigkeit ist eine Eigenschaft, die bestimmte Materialien unter gegebenen Bedingungen haben und mit der Strom ohne Verlust von Energie und Widerstand geleitet wird. |
Zwei weitere Nobelpreise für Forscher, die die Supraleitfähigkeit weitererforschten
1957 veröffentlichten J. Bardeen, L. Cooper und R. Schrieffer ihre als BCS bekannte Theorie, mit der nahezu alle Eigenschaften der Supraleiter erklärt werden konnten und die 1972 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet wurde. Die Idee der BCS-Schöpfer bestand darin, die Bildung sogenannter Cooper-Paare aus je zwei Elektronen durch eine schwache anziehende Wechselwirkung zu postulieren. Diese Paare können Strom leiten, ohne dass elektrischer Widerstand entsteht.
1986 entdeckten J.C. Bednorz und K.A. Müller in den schweizerischen Labors von IBM die Supraleitfähigkeit von keramischem Material bei grenzüberschreitenden Temperaturen. Das bedeutete eine Revolution, denn bald schon wurden zahlreiche Materialien identifiziert, die bei Temperaturen über dem Siedepunkt des flüssigen Stickstoffs (-196 °C) leitfähig sind, was mit sich bringt, dass sie schneller und kostengünstiger abgekühlt werden können. Die Entdecker wurden 1987 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet. Diese Materialfamilien mit dem Namen Hochtemperatursupraleiter (HTSL) haben das Interesse der Industrie geweckt, die damit neue Anwendungen der Supraleitfähigkeit entwickeln will.
Der Joule-Effekt und die Cooper-Paare
Wenn elektrischer Strom durch einen Leiter fließt, erhitzt sich dieser (zu erkennen ist das in der Farbveränderung der Widerstände von elektrischen Öfen oder dem Draht in der Glühbirne). Dieses als Joule-Effekt bezeichnete Phänomen geht auf den elektrischen Widerstand zurück und entsteht, weil die Elektronen bei Bewegung mit den Atomen des Materials zusammenstoßen. In einem Supraleiter dagegen bilden die Elektronen Paare, die so genannten Cooper-Paare, die sich durch das Material bewegen (in Wechselwirkung untereinander und mit den Atomschwingungen) und Strom ohne elektrischen Widerstand leiten.
Das bedeutet:
- Wenn der Widerstand auf null abfällt, kann Strom im Innern des Materials ohne Energiestreuung fließen, weil das Material dem Fluss des elektrischen Stroms keinen Widerstand bietet.
- Die Cooper-Paare bewegen sich ohne Reibung durch das Innere des Materials.
Der Meißner-Ochsenfeld-Effekt
Supraleiter können nicht nur elektrischen Strom ohne Widerstand transportieren, sondern auch Magnetfelder vollständig aus ihrem Inneren verdrängen. Diese Fähigkeit wird alsMeißner-Ochsenfeld-Effekt bezeichnet.
Welche Anwendungen haben Supraleitfähigkeit in unserem Alltag?
Sie können elektrische Ströme mit extrem geringen Energieverlusten erzeugen und leiten
- Einbau von Supraleiterkabeln im Stromnetz: Transport derselben Leistung mit weniger Energieaufwand (umweltfreundlich).
- Konstruktion von wesentlich kleineren und leichteren Motoren, Generatoren und Transformatoren, z.B. Antriebsmotoren für Schiffe und Windräder.
Herstellung von großen magnetischen Feldern
Verbesserung von Magnetresonanzanlagen in Krankenhäusern: Supraleiterkabel mit weniger als 1 mm Durchmesser ermöglichen die Zirkulation von mehreren hundert Ampere ohne Verluste, was sie zu einem optimalen Material für Spulen macht, die hochintensive Magnetfelder erzeugen (über 2 Tesla).

Das Magnetsystem im Teilchendetektor ATLAS des CERN umfasst 8 riesige Supraleitermagnete (graue Rohre)
Reise ins Innere des CERN (ATLAS) in 10 Minuten
- Einsatz in großen, in Teilchenbeschleunigern wie dem CERN (European Council for Nuclear Research) verwendeten Magneten.
Neue Transportsysteme
Da Supraleiter in der Lage sind, große Magnetfelder zu erzeugen, können permanente Magnetkreisläufe gebaut werden, auf denen sich Fahrzeuge schwebend bewegen. Ein Beispiel sind die Maglev-Züge, die dank der Tatsache, dass keine Reibung mit den Schienen entsteht, auf der Fahrstrecke zwischen Tokio und Osaka Geschwindigkeiten bis 580 hm/h erreichen können. Die erste kommerzielle Linie soll voraussichtlich 2025 ihre Fahrt aufnehmen.
Fahrprobe bei über 500 km/h des Supraleitzugs Maglev
Konstruktion neuer elektronischer Anlagen
Diese elektronischen Hochleistungsanlagen können extrem kleine magnetische Felder ausfindig machen; sie werden für Hochpräzisionsinstrumente verwendet, die in der Wissenschaft zum Einsatz kommen. Sie können zum Beispiel die von den Transmissionen zwischen Neuronengruppen im Gehirn induzierten Magnetfelder ausfindig machen und werden bereits für die Aufnahme von Magnetenzephalogrammen verwendet.
Quellenangaben:
ICMA, Instituto de Ciencia de Materiales de Aragón (CSIC, Consejo Superior de Investigaciones Científicas – Universität Zaragoza)
Danksagung:
An Luis Alberto Angurel, Leiter des Forschungsteams für Supraleitfähigkeit des Materialwissenschaftsinstituts von Aragonien (ICMA) für seine Unterstützung bei der Verfassung dieses Artikels.